3. Lucerne Marathon

25. Oktober 2009 - Kann es einen perfekten Lauf über die Distanz von 42km geben? Diese Frage beschäftigte mich und ich hoffte, diese Antwort irgendwann in meiner Marathon-Karriere zu finden.

Dieses Erlebnis sowie eine erwünschte Zielzeit unter 3:15 fehlt mir noch. Meist war das Rennen über 30-35 Kilometer ein „Genuss“, aber vom berühmt-berüchtigten „Hammermann“ wurde ich nie richtig verschont. Ob heute am 3. Lucerne Marathon etwas anders sein sollte, findet ihr in diesem Bericht.

Die Vorbereitungen resp. das Aufbautraining drei Monate vorher verliefen in der Startphase ein bisschen harzig. Zuerst besorgte ich mir neusten Laufschuhe von Asics (Kayano) und Adidas (Adistar Salvation). Diese neuste Generation der „Superfinken“ mussten eingelaufen werden. Die Folge waren Blattern und auch Muskelüberdehnungen. Aber damit nicht genug. So flog mir bei einem Trainingslauf noch eine Spätsommerbiene direkt in den Mund. Sie erschrak mindestens gleich stark wie ich und stach dann prompt auf meine Innenlippe. Glück im Unglück dachte ich, denn es hätte dümmer kommen können. Der Stich brannte aber wie Glut auf der Haut. Wenn du ein  bisschen schadenfreudig bis und sehen willst, wie meine Mundgegend danach verunstaltet war, dann klicke hier: Bienenstich (und schmunzeln dabei).

Ansonsten hielt ich mich mit Überzeugung auch diesmal an den Trainingsplan von Vicystem und wie vorgeschlagen konstant an den Ruhetag zwischen den Trainings. Drei Trainingseinheiten pro Woche lagen in den ersten zwei Monaten drin. Vier Trainings pro Woche, sechs bis zwei Wochen vor dem Marathon, hielt ich auch bei. Neu liess ich mein Blut analysieren für eine abgestimmte Nahrungsergänzung. So bekam mein Körper auch die Vitamine, die er benötigt. Gute Sache, sehr zu empfehlen. Bei Interesse siehe HCK

Der Kälteeinbruch zwei Wochen vor dem Lauf machte mich ein bisschen „zablig“. Jetzt nur keine Erkältung holen. So kamen meine dicken Wollpulver gleich zum Generaleinsatz. Auch die Winterjacke war ab sofort Pflicht und vor allem genügend Schlaf. Zu gross war die zeitliche Investition aber vor allem die Vorfreude.

25. Oktober 2009

07:00 Uhr Tagwache, und meine Waage zeigt statt den erhofften 70 kg tatsächlich zwei Kilo mehr an. Habe ich eventuell übertrieben mit den vier grossen Pastaportionen à 500g (Brutto gekocht) am Vortag?

Als unser Sohn Elias (10 Monate) erblickt wie ich mein Sportlerfrühstück die Banane geniesse, komme ich nicht mehr ums teilen herum. Er verspricht mir dafür mich tatkräftig anzufeuern. Ich gehe den "DEAL" ein.

Mein langfristiges Ziel ist vor meinem 20. Marathon-Jubiläum einmal unter 3:15 zu laufen. Einige Versuche in der Vergangenheit scheiterten. In Genf fehlte mir zwar nur eine Minute, aber diese kam wir ewig vor. Vielleicht ist heute mein Tag der Tage. Es gibt jedoch keine Anzeigen, die dafür sprechen. Ich habe weder mehr trainiert, noch fühle ich mich besser, oder anders als vor einem Jahr. Auch ist der Lucerne Marathon für eine „PB“ (persönliche Bestzeit) mit den Steigungen nicht gerade prädestiniert. Träumen darf man und wie sagt man doch so schön: "Die Hoffnung stirbt zuletzt!". Ich setzte mich die letzten Tage ein bisschen unter Druck damit. Denn für mehr Trainings fehlt mir die Zeit und wenn ich es heute auch nicht schaffe, wann dann?

Eine kleinen Anpassung in der Ausrüstung ist der original Asics Kayano-Socken. Ich dachte etwas muss ich ja anders machen, und wählte diesmal einen anderen Socken aus um das Rennen zu bestreiten. Eine unrationelle Entscheidung, denn mit den bisherigen Socken hatte ich nie Blattern am Rennen. Vielleicht bringt er aber was? Jedenfalls ist mir klar, wenn ich meine Zielzeit erreiche, sind diese Socken für die weiteren Marathons gesetzt. 

Um 09:00 Uhr pünktlich der Start in der Haldenstrasse mit sage und schreibe 8500 Läufern aus 29 Nationen. Die Stimmung unter den Sportbegeisterten ist wie immer gewaltig. Diesmal bin ich so frech und stehe mit Armin und Sybille hinter den 3 Stunden Läufern, resp. vor den 3:15 an. Und siehe da, herrlich wie man mit dem Feld mitlaufen kann, ohne blockiert zu werden. Ich kann gleich mein Tempo rennen ohne auf dem Trottoir mit „Harakri“-Aktionen überholen zu müssen. Sehr angenehm und bei gutem Tempo geht es die Haldenstrasse runter richtig Schwanenplatz und Seebrücke. Die Schaulustigen Zuschauer haben sich schon in scharen angesammelt und feuern einem schon tatkräftig zu.

Ich fühle mich gut und kann die durchschnittliche Kilometerzeit von 4:22 gut halten auf der 1. Runde. Sage und Schreibe 45'000 Fans sind an der Strecke. Das Wetter kann besser nicht sein und 26 Musikgruppen auf der ganzen Strecke motivieren. Mir geht immer wieder durch den Kopf, dass es 750 freiwillige Helfer braucht für diese Veranstaltung. So bedankte ich mich auch immer anständig für jeden Becher Wasser und jedes Stück Banane, das mir gereicht wurde. Ehrensache, dass man den Becher nicht auf den Boden, sondern den „Drecksack“ schmeisst.

Zurück auf der Seebrücke bei KM 19 sehe ich Gerry vor mir rennen und kann auf ihn aufschliessen. Gemeinsam biegen wir in die Haldenstrasse ein und beim Hotel Palace warten unsere Liebsten auf uns.

Kurz vor dem Verkehrshaus dann die 180° Wende für die zweite Runde und die Halbamarthonis drehen zum Endspurt auf für den Zieleinlauf. Die Läuferdichte lässt stark nach. Meine Halbaratonzeit bei 1:33 ist zwar um genau 100 Sekunden schneller als im Vorjahr, aber um 36 Sekunden langsamer als noch vor 2 Jahren. Also keine Sensation die besseres erahnen lässt. Guten Mutes renne ich weiter zum zweiten Mal Richtung Schwanenplatz. Die Stimmung ist jetzt auf dem Höhepunkt und es geht einem richtig unter die Haut. Motivation pur. An dieser Stelle möchte ich allen Freunden und den vielen Mitarbeitern danken, die mich so toll anfeuerten.

Bei den 10°C hält sich der Durst zwar in Grenzen, doch ich las im Vorfeld, dass man immer trinken soll. So bediente ich mich an jedem „Buffet“ alle 5 KM mit einem Becher Wasser, Banane und obendrauf noch einem Becher ISO. Um alles gut runter zu bringen hielt ich jeweils kurz an.

Wo bleibt der „Hammer“? Erstaunlicherweise kann ich das Tempo mehr oder weniger konstant halten und nach jedem Kilometer, wenn meine Uhr Piepst und die Kilometerzeit anzeigt bin ich verblüfft. Ich beginne vermehrt zu rechnen und lenke mich so auch ein bisschen ab. Es könnte reichen unter 3:15, aber dies dachte ich die letzten Male auch. Marathon auf Zeit zu laufen ist eine "Gratwanderung" oder wie pokern, man kann im letzten Moment noch alles „verlieren“. 

Je mehr jetzt die Kilometer purzeln umso mehr spüre ich: "JETZT oder NIE". Vor allem das Stechen in den Oberschenkel bleibt aus. Beim KKL wieder angelangt wird man so bejubelt, dass man die schleichende Erschöpfung nicht mehr spürt.

Wieder auf der Haldenstrasse wird mir bewusst, dass dies heute mein Rennen ist und mein persönliches Marathonziel noch nie so nah war. Ich beisse mich durch die letzten Kilometer und die Wahrnehmung der vielen Fans links und rechts vom Strassenrand wird immer schwerer. Man bekommt wie einen "Tunnelblick". Ich will jetzt noch das Maximum rausholen. Zu oft habe ich auf den letzten par Kilometer die Minuten verloren, welche ich Kilometer über Kilometer hart erkämpfte.

Vor der Tribüne des Verkehrshauses dann noch eine Linkskurve und der Zielbogen ist sichtbar. Das Wort „ZIEL“ wirkt wie Magie auf meine Augen und ich bin wie hypnotisiert. Man möchte am liebsten genau jetzt die Zeit anhalten und die Emotionen, Freude und Eindrücke geniessen und nur Auskosten. Es geht jetzt alles viel zu schnell und man wird förmlich überströmt von Glücksgefühlen.

3:11:28. Dies ist nicht nur meine PB (persönliche Bestzeit) sondern auch mein PPL (persönlich perfekter Lauf). Ja! es gibt ihn, der perfekte Lauf. 12 Marathons geübt, und heute zwar erhofft aber unerwartet gefunden. Nichts ahnend stand ich noch vor etwas über 3 Stunden am Start und fühlte mich nicht anders oder besser als bei anderen Rennen. Selbst nach 21 Kilometer war nichts, dass darauf hindeutete. Auch trainierte ich nicht mehr als sonst. Waren es eventuell nun doch die original Kayano-Socken, welche ich zum 1. Mal trug. Oder waren es die zwei fetten Medjool-Datteln, welche im am Vorabend noch hinunterschlemmte? (Sind übrigens die grössten naturgereiften Datteln der Welt). Ich weiss nur eines, für den Paris Marathon im Frühling 2010 mache ich alles genau gleich.

Zum perfekten Lauf braucht es auch eine perfekte Organisation. An dieser Stelle ein grosses Kompliment und Dankeschön an den Veranstalter. Sie haben es zudem fertig gebracht, den heute für die Stadt und Agglomeration wichtigen Anlass innerhalb von drei Jahren so zu etablieren, dass er nicht nur zu den grössten und beliebtesten Marathons der Schweiz hervorschoss, sondern sich auch international durchsetzten kann. Ich bewundere diese Leistung und kann mir nur vorstellen, wie viel Herzblut, Geschick und Organisationswille es dafür braucht.

Am Abend durften wir uns bei Sonja und Gerry kulinarisch verwöhnen lassen, und zusammen mit Birdy und Andrea, sowie Sibylle und Armin den den Tag „revue“ passieren. Auch sie alle sprangen den Marathon in Spitzenzeiten.

Zum Bericht von Gerry

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